Frank Goecke / Aktuelles

03.11.2021

Invalidenversicherung muss die Umschulung einer Primarlehrerin zur Juristin finanzieren - auch wenn das Studium doppelt so lange dauert, wie bei einer Durchschnittsstudentin

Eine Primarlehrerin erkrankte an einer Retinitis pigmentosa. Die IV bewilligte eine Umschulung zur Juristin (Bachelor of Law), brach die Massnahme jedoch ab, als sich nach einer missglückten Teilprüfung und weiteren Verzögerungen abzeichnete, dass die Betroffene bis zum Studienabschluss 8 Jahre brauchen würde. Wie der Anwalt der advokatur rechtsanker im Verfahren vor Sozialversicherungsgericht aufzeigen konnte, hatte die lange Studiendauer verschiedene Gründe. Für Sehende ist es nur schwer nachvollziehbar, wie anspruchsvoll das auditive Lernen für eine ehemals sehende Studentin ist. Vor allem dieser Umstand führte zu einer überdurchschnittlichen Vorbereitungszeit auf Prüfungen. Hinzu kamen vorübergehend grosse Prüfungsängste, simple grippale Erkrankungen, eine Universität, die für Sehbehinderte ganz und gar nicht barrierefrei gestaltet ist, und auch Prüfungspech. Das Gericht kam im Verlauf des Verfahrens zum Schluss, dass die Betroffene jedoch die Voraussetzungen für den Juristinnenberuf mitbringt und dass auch nach einem späten Studienabschluss immer noch gut 22 Jahre im Beruf vor ihr liegen, so dass die Verhältnismässigkeit von Kosten und voraussichtlichem Erfolg der Massnahme noch knapp erfüllt sind. Dem konnte sich erfreulicherweise auch die IV-Stelle anschliessen.

Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich IV.2020.00523